Der Soziale Wohnbau ist eine der größten Errungenschaften der Sozialdemokratie während der Zeit des Roten Wiens. Es sollte die Wohnqualität der Wiener Bevölkerung erhöhen und die Gemeinschaft stärken. Auch im 9. Wiener Gemeindebezirk stehen über 50 solcher Gemeindebauten und erinnern an eine wichtige Zeit sowie spannende Persönlichkeiten.
Historischer Rückblick: Sozialer Wohnbau im Roten Wien
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Sozialdemokratie zur führenden politischen Kraft im Wiener Rathaus. Mit der Erhebung Wiens zum eigenständigen Bundesland im Jahr 1922 war der Grundstein für das „Rote Wien“ gelegt. Neben umfassenden Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen startete die Stadt 1923 ein ehrgeiziges Bauprogramm, um der Bevölkerung moderne und menschenwürdige Wohnungen bereitzustellen.
Helle, trockene Wohnungen mit Wasserleitung und WC standen in starkem Kontrast zu den beengten Bassena-Wohnungen in den alten Mietskasernen. Ein zentrales Element der neuen Wohnanlagen waren zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Turnhallen und Bibliotheken. Insgesamt errichtete die Stadt Wien während der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen. Der soziale Wohnbau ist eine der größten Errungenschaften der sozialdemokratischen Regierung und beeinflusst bis heute das Stadtbild.
Sozialer Wohnbau am Alsergrund ab 1923
Ab 1923 entstanden auch am Alsergrund kommunale Wohnbauten und nach 1945 setzte eine zweite, intensive Bauphase ein, die von Ressourcenknappheit geprägt war und sich auch in der Architektur widerspiegelte. In den 1950er Jahren entwickelten die Wohnbauten ein zunehmend einheitliches Erscheinungsbild mit nur wenigen gestalterischen Variationen.
Knapp über 50 Gemeindebauten gibt es heute am Alsergrund, die ab dem Beginn des sozialen Wohnbaus von namhaften Architekten errichtet wurden. Viele davon stehen unter Denkmalschutz. Ein prominentes Beispiel ist der Sigmund-Freud-Hof (1924–1931). Gestaltet von Franz von Krauß, Josef Tölk und Ludwig Tremmel, gelegen in der Gussenbauergasse 5–7. Dieser Gemeindebau ehrt den legendären Psychoanalytiker Sigmund Freud. Der Gallhof (1924–1925) befindet sich in der Heiligenstädter Straße 4 und erinnert an den Widerstandskämpfer Matthias Gall. Der Karl-Schönherr-Hof (1950–1952) in der Badgasse 1–7 wurde von Karl Ehn entworfen. Er ist nach dem Arzt und Schriftsteller Karl Schönherr benannt.

Weitere Bauten umfassen die Wohnanlage in der D’Orsaygasse 3–5 (1927–1928) von Leo Kammel sowie das Gebäude in der D’Orsaygasse 6 (1930–1931) von Wilhelm Peterle. In den 1950er Jahren entstanden zudem Bauten wie in der Althanstraße 11–13 (1956–1958) von Ludwig Schmid sowie in der Althanstraße 27 (1957–1959) von Franz Kahrer. Vom selben Architekten steht außerdem in der Althanstraße 33 der Friedl-Dicker-Brandeis-Hof. Benannt ist er nach der österreichischen Bauhaus-Malerin und -Designerin Friedl Dicker Brandeis. Sie galt als Lichtblick im Leben der Kinder im KZ Theresienstadt, weil sie ihre Schützlinge nicht den Alltagshorror malen ließ, sondern Blumen und ihre Träume.
Die sozialen Wohnbauten sind über den gesamten Bezirk verteilt und spiegeln nicht nur die architektonische Vielfalt der jeweiligen Bauperioden wider, sondern erinnern auch an wichtige historische Persönlichkeiten.
