Wenn man an den 9. Bezirk denkt, kommen einem vermutlich die Votivkirche, das Alte AKH oder die legendären Würstelstände in den Sinn. Aber Fußball? Ganz ehrlich – wer würde den Alsergrund schon mit großen Kickern in Verbindung bringen? Und doch: Zwischen Servitenviertel und Währinger Gürtel verstecken sich Geschichten, die beweisen, dass auch unser Bezirk im österreichischen Fußball ein Wörtchen mitzureden hat.
Heinrich Oppenheim – der frühe Pionier
Beginnen wir mit Heinrich Oppenheim. Heinrich „Harry“ bzw. Ferdi“ Oppenheim wurde 1889 im Alsergrund geboren, also in einer Zeit, als Fußball in Wien noch als exotische Mode von der Insel galt. Er war so etwas wie ein Fußball-Influencer seiner Zeit – nur ohne Instagram und Sponsordeals. Oppenheim schloss sich dem First Vienna FC an – damals einer der ersten Vereine im Land – und spielte 1909 sogar ein offizielles Länderspiel für Österreich. Ein echtes Alsergrund-Gewächs also.
Vielleicht nicht ganz so berühmt wie ein David Alaba, aber immerhin: Der erste Nationalspieler aus dem 9. Bezirk ist eine Ansage. Später war er auch als Trainer aktiv (unter anderem bei AC Mailand) und trug dazu bei, dass der Sport professionalisiert wurde. Für heutige Verhältnisse mag ein einziges Länderspiel wenig wirken, aber im frühen 20. Jahrhundert war das eine kleine Sensation.
Ernst Fiala – vom WBC IX zur Austria-Legende
Einige Jahrzehnte später taucht ein gewisser Ernst Fiala auf. Seine ersten Schritte am Ball machte er beim Wiener Bewegungssport-Club IX – einem Verein direkt bei uns am Alsergrund. Von dort führte sein Weg zur Austria Wien, wo er fast 15 Jahre lang als Mittelstürmer in 334 Spielen für die Austria 110 Tore schoss und jede Menge Titel sammelte.
Und ganz ehrlich: Dass einer, der im 9. Bezirk losgelegt hat, bei der Austria zur Legende wird, das ist eine schöne Geschichte. Heute ist er Ehrenkapitän – quasi der Edler vom Alsergrund. Nach seiner aktiven Karriere arbeitete Fiala bis zu seiner Pensionierung als Trafikant und ist im Jahre 2006 mit 66 Jahren leider viel zu früh von uns gegangen.
Ernst Happel – ein Weltstar mit Beisl-Bezug
Und dann hätten wir da noch Ernst Happel. Den kennt wirklich jede:r, schon wegen des Stadions, das seinen Namen trägt. Happel war Weltmeistertrainer (zumindest fast – aber Weltpokalsieger, Europacupsieger und so ziemlich alles andere). Seine Karriere begann bei Rapid Wien, wo er als Verteidiger von 1938 bis 1954 und nochmals von 1956 bis 1959 spielte. Happel gewann mit Rapid nationale Titel, stand 1954 bei der WM in der Schweiz im Halbfinale und war bekannt für seine Mischung aus taktischem Verständnis und unbändiger Härte und prägte so die Spielform des „Libero”.
Seine zweite Karriere als Trainer machte ihn zur Legende: Mit Feyenoord Rotterdam gewann er als erster Trainer überhaupt den Europapokal der Landesmeister (1970). Später folgten Stationen bei Brügge, Sevilla, dem HSV (mit dem Europacup-Sieg 1983) und schließlich das österreichische Nationalteam.
Sein direkter Bezug zum 9. Bezirk? Sein Stiefvater betrieb in der Thurngasse bei uns im 9. den „Salzburgerhof“. Dort wuchs Happel in den ersten 4 Jahren seines Lebens auf. Zugegeben, das ist eher Gastro- als Fußballgeschichte – aber wer weiß, vielleicht hat die Gulaschsuppe am Alsergrund sein Talent beflügelt.
Rubin Okotie – vom Strafraum zur Bowl
Gastro-Bezug hat auch der letzte Spieler auf unserer Liste. Rubin Okotie, geboren 1987 in Pakistan, aufgewachsen in Wien, ist ein Name, den österreichische Fußballfans der 2000er-Jahre kennen. Er begann seine Jugendkarriere bei der Wiener Viktoria, bevor seine Profikarriere bei der Austria Wien begann und er es bis ins Nationalteam schaffte. Dort glänzte er vor allem während der EM-Quali 2016, als er entscheidende Tore schoss. Zwischenzeitlich spielte er in Deutschland (1860 München, Nürnberg), in England und sogar in China.
Nach der Karriere entschied er sich gegen eine Trainerlaufbahn – und für die Gastronomie. 2019 eröffnete er in der Berggasse am Alsergrund das Restaurant „Plain“. Statt Tore gibt’s nun Bowls, statt Flanken Smoothies. So bleibt er dem 9. Bezirk verbunden und der Alsergrund hat nicht nur Uni-Institute und Kaffeehäuser, sondern auch die kulinarische Seite des österreichischen Fußballs.
Fazit – der Ball rollt auch im 9.
Ob Nationalspieler, Austria-Kapitän, Jahrhunderttrainer oder hipper Restaurant-Betreiber: Der Alsergrund hat mehr mit dem österreichischen Fußball zu tun, als man auf den ersten Blick denkt. Zwischen Gürtel und Donaukanal wurden Karrieren gestartet, Pläne geschmiedet und Bowls serviert. Also: Das nächste Mal, wenn jemand behauptet, im 9. Bezirk gehe es nur um Kultur und Geschichte – einfach antworten: „Moment! Wir haben auch Fußball-Legenden!“