Mit Saya Ahmad als Bezirksvorsteherin hat die SPÖ-Alsergrund fünf Jahre lang unseren Bezirk geprägt. Für die anstehende Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl am 27.04. sind im Team von Saya Ahmad neue Gesichter im Politik-Rennen. Die jüngste ist Maria Marichici. Sie ist 20 Jahre alt, studiert Politikwissenschaft, ist die Tochter von Arbeiter:innen mit Migrationsgeschichte, hat seit einem Jahr die österreichische Staatsbürger:innenschaft und steht bei der Wahl auf Listenplatz 11.
Die in Wien geborene Studentin wohnt bei uns am Alsergrund – und will mitgestalten. Nicht irgendwann in der Zukunft, sondern jetzt. Sie ist bereits stellvertretende Vorsitzende und Frauensprecherin der Junge Generation Alsergrund. Das ist die Jugendorganisation der SPÖ. Seit 2020 ist Maria zudem SPÖ-Mitglied und jetzt kandidiert sie dieses Jahr für die Bezirksvertretung und für die Landesliste. Auf der Landesliste könnt ihr Maria Marichici auf Platz 58 eine Vorzugsstimme geben. Mit dem klaren Anspruch: Den Bezirk und die Stadt feministisch, klimafit und sozialer machen.
Ein Gespräch über politische Selbstbestimmung, autofreie Zonen, Vertrauen und Vorbilder – und dass ein Café mit Billardtisch ihr Lieblingsort im Grätzl ist.
Maria, du bist 20, wohnst nicht mehr bei deinen Eltern, bist seit Jahren politisch aktiv und studierst. Andere in deinem Alter sind da noch ganz woanders. Warum ist das bei dir anders?
Gute Frage. Ich hatte einfach schon sehr früh das Bedürfnis, selbstständig zu sein und mich eben für die Sachen einzusetzen, die mir wichtig sind. Aufgewachsen bin ich in Liesing, aber mein Lebensmittelpunkt war immer schon eher in der Innenstadt. Das Hin und Her pendeln zur Uni, da wollte ich die Unabhängigkeit haben.
„Für mich war auch klar, dass meine Eltern mich finanziell nicht unterstützen können. Sie sind mit fast nichts hergekommen und haben hart dafür gearbeitet, dass ich mehr Möglichkeiten habe und dafür bin ich unendlich dankbar.“
Deswegen habe ich so früh begonnen und deswegen war für mich auch ganz klar: wenn ich selbstständig sein will, muss ich das auch ohne Starthilfe schaffen.
Und politisch – was hat dich da geprägt?
„Ich sage immer: Mein Leben hat mich politisiert. Ich habe früh gemerkt, dass Schule ein ungerechter Ort ist und dass nicht alle Kinder dieselben Chancen haben.“
Und in der Schule hat Maria dann auch angefangen, sich zu engagieren: Erst als Klassen- und Schulsprecherin und und dann auch auf der überschulischen Vertretungsebene als Wiener AHS Landesschulsprecherin.
Wirst du als junge Person und vor allem als junge Frau in der Politik überhaupt ernst genommen?
Es ist sehr unterschiedlich, würde ich sagen. Ich habe Erfahrungen gemacht, die zum einen verdeutlicht haben, dass junge Menschen nicht genug gehört werden. Vor allem als Landesschulsprecherin habe ich für Schüler:innen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes gesprochen und da das Gefühl gehabt, dass mir nicht zugehört werden möchte. Da habe ich gemerkt, dass die Stimmen der jungen Menschen generell und vor allem auch in der Pandemie viel zu kurz gekommen sind.
„Und wenn man sich dann als junge Frau da herstellt und was sagt – Dann wird man oft halt einfach nicht ernst genommen.“
Andererseits habe ich einige Politikerinnen und Politiker kennengelernt, die eben auch die Stimmen der jungen Menschen hören und die da auch zuhören wollten. Jetzt im Bezirk und vor allem in der SPÖ habe ich schon das Gefühl, dass meine Punkte Anklang finden.
Warum sollten sich junge Menschen überhaupt politisch engagieren?
Ich glaube, es ist wichtig, weil wir gerade in einem Zeitalter leben, das im Umbruch steht. Wir sehen gerade, dass sich die Rechten international gesehen immer mehr Raum nehmen und immer stärker werden.
„Wir sehen, dass Menschenrechte, Frauenrechte, Rechte der LGBTQ-Community unter Beschuss sind, und uns die Klimakrise belastet. Viele Menschen können sich das Leben kaum leisten, obwohl sie arbeiten gehen.“
Ich glaube, das sind alles Faktoren, die uns betreffen und die werden uns in Zukunft auch immer mehr und mehr beschäftigen. Dazu hat die Ö-3-Jugendstudie gezeigt, dass sehr viele junge Menschen der Politik nicht vertrauen. Was auch irgendwo nachvollziehbar ist, weil uns einfach sehr lange nicht zugehört wurde und immer noch nicht richtig hingehört wird.
Ich glaube genau deswegen ist es wichtig, sich zu engagieren, um da diesen Gegenpol für die Jugend anzubieten. Das ist auch mein Anspruch, den ich an mich habe. Dass ich als angehende Bezirkspolitikerin ein offenes Ohr für junge Menschen habe. Und dass ich gerade diese Stimmen mit einbringe.
Wie bringt man diese Stimmen konkret in den Bezirk – zum Beispiel beim Thema Feminismus?
Gerade hier im neunten Bezirk merkt man, dass man als Bezirk viel machen kann. Wir haben zum Beispiel das Projekt “Frau* schafft Raum”. 2021 wurde eine junge Trafikantin auf grausame Art und Weise von ihrem Ex-Partner ermordet. Den Ort haben wir zu einem Ort der Kunst und zu einem Gedenkraum umgestaltet. Der ist öffentlich begehbar und macht auf Femizide und Gewalt an Frauen aufmerksam. So machen wir zum Beispiel aktiv auf das Thema Femizide aufmerksam. Wir sind Teil der Initiative „StoP- Stadtteile ohne Partnergewalt.“ Das sind alles Sachen, die man unterstützen kann und wo man sich, sowohl als Einzelperson in der Politik, als auch als ganzer Bezirk feministisch positionieren kann.
„Viele Ideen, die wir hier im Bezirk starten, werden auch über die Grenzen des Alsergrunds hinweg getragen. Wir agieren auf regionalpolitischer Ebene gewissermaßen auch als Vorreiterin“
Was wäre eine Schlagzeile, die man in fünf Jahren über den Alsergrund nach einer weiteren SPÖ-Bezirksvorstehung lesen könnte? Sowas wie: „Ganz Alsergrund wird autofrei“?
Ja (lacht), also wir sind ganz klar für eine autofreie Zone innerhalb des Gürtels. Ich persönlich fänd das sehr cool, wenn wir einfach zumindest einen größeren Teil an autofreien Zonen im Bezirk haben. Vor allem so, dass die Menschen, die Fußgängerinnen und Fußgänger, den Raum nutzen können. Das wäre ein großes Ding. Ja, auf jeden Fall mehr autofreie Zonen im Bezirk.
Der Gleichstellungsindex 2025 hat gezeigt: Alsergrund ist was Gleichstellung angeht in ganz Österreich auf Platz 2 – österreichweit sieht es aber schlechter aus. Wie könnt ihr als Vorbild vorangehen?
Als Bezirk können wir wahrscheinlich schwer was für Gemeinden in ganz Österreich machen.
„Aber was wir ganz klar sehen: In Wien helfen die kostenlosen Kindergarten und die Ganztagsschulen. Diese bauen wir in Wien aus. So ermöglichen wir Müttern überhaupt, wieder leichter in den Job uns auch in die Vollzeitarbeit einzusteigen.“
Das ist etwas, was wir in unserem Bezirk verbessern. Wir haben gerade Sanierungsoffensiven an unseren Schulen und Kindergärten, um allen Kindern die besten Chancen zu bieten. Aber nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern etwas zu bieten und vor allem den Müttern, dass diese ihrem Job nachkommen können und ihren Karriereweg weitergehen.
Und diesen Ausbau braucht es auf allen Ebenen, also auch in ländlichen Gemeinden. Genauso wie eine Lohntransparenz, dass man einfach weiß, wer wie viel verdient. Wir brauchen mehr Unterstützung und Bewerbungsprozesse müssen diskriminierungsfrei gestaltet werden.
Und du selbst? Wo soll dein Weg hingehen – wird es Berufspolitik?
Um es gleich zu beantworten: Ich weiß es noch nicht. Weil ich schon so jung politisch aktiv war und auch schon kleine Pausen dazwischen hatte, merke ich, dass ich das brauche. Mich politisch zu engagieren.
„Ich merke, dass ich nicht einfach aufhören kann und nicht einfach wegschauen kann, wenn ich irgendwo Ungerechtigkeiten sehe oder spüre. Gerade jetzt, wo eine negative Schlagzeile die nächste jagt, habe ich das Gefühl, ich kann und ich will nicht ruhig sitzen bleiben.“
Gleichzeitig merke ich auf einer persönlichen Ebene, dass mich das alles sehr mitnimmt und auch einnimmt. Trotzdem – oder gerade deshalb – weil es mir nicht egal ist, will ich als Bezirksrätin voll durchzustarten. Das ist der direkteste Weg, um das, für das ich stehe, auch umzusetzen und Dinge in den Bezirk zu tragen. Und neben dem politischen Amt, das ich dann hoffentlich innehabe, mein Studium weiter voranzutreiben und auch abzuschließen. Ich möchte mir gerade auch durch die Uni viel zusätzliches Wissen aneignen, dass ich in Zukunft dafür einsetzen kann, weiter und besser gegen Ungerechtigkeiten zu kämpfen. Ich weiß noch nicht konkret, was ich machen will – ob ich mir Berufspolitik tatsächlich vorstellen kann. Aber für mich steht außer Frage: Ich möchte im politischen Wirkungsbereich arbeiten.
„Ich will einer Arbeit nachgehen, bei der ich weiß, die hat einen Sinn und damit erreiche ich viele Menschen und kann mehr Gerechtigkeit in die Gesellschaft bringen.“

Ist Saya Ahmad – eine Bezirksvorsteherin, die selbst eine Migrationsgeschichte hat – ein Vorbild für dich?
Ja. Ohne Frage. Für mich war nicht von Anfang an klar, dass ich parteipolitisch aktiv werden möchte. Aber da ist der Alsergrund auf jeden Fall ein Ort, der mich geprägt hat. Und Saya ist auf jeden Fall ein Mensch, der mich geprägt hat. Allein was für ein Vorbild sie für mich persönlich ist, aber auch für so viele andere Menschen und vor allem für junge Frauen. Als erste Frau mit Fluchterfahrungen in einem politischen öffentlichen Amt: Das ist auch einfach inspirierend. Man sieht die ganzen Projekte, die wir umsetzen, die gehen ganz klar einem Weg nach und das ist nicht, weil der Alsergrund von allein ein so cooler Bezirk ist, sondern weil hier progressive Menschen wie eine Saya dahinter stecken. Sie sprechen wichtige Themen an.
„Und demnach ist Saya auch ein großes politisches Vorbild und es ist eine große Ehre, dass ich mit ihr politisch aktiv sein darf und unseren Bezirk mitgestalten kann. Ihre Meinung ist mir dabei super wichtig.“
Wenn du mit einem Fingerschnippen etwas im Bezirk verändern könntest – was wäre das?
„Wenn ich mich für eine Sache entscheiden müsste, die ich direkt umsetzen kann, wäre es definitiv leistbares Wohnen.“
Wenn Kosten keine Rolle spielen würden, würde ich sofort dafür sorgen, dass alle im neunten Bezirk leistbar und klimafit wohnen können. Altbau- und Gemeindewohnungen würde ich rasch sanieren, energieeffizient und modern. Parallel dazu würde ich Begrünungen und Umgestaltungen mit einem Schnipps umsetzen – ohne lange Baustellen, aber mit echten Verbesserungen: Schattenplätze, Rückzugsorte und ein Sommer, den man direkt vor der Haustür genießen kann.
Letzte Frage: Was ist dein Lieblingsort im Bezirk?
Ich mag das Servitenviertel. Zum Beispiel das Café Luxor, da bin ich sehr oft privat mit Friends, spiele Billard und gehe am Abend einfach was trinken. Ich mag mein Grätzl aber auch echt gern zum Spazieren gehen. Ich wohne im Lichtental. Gerade da passiert jetzt total viel: Es gibt den Julius-Tandler-Platz, der gerade umgebaut wird. Da werden 2000 Quadratmeter begrünt und es kommen 46 neue Bäume hin.
„Ich liebe den öffentlichen Raum und ich liebe einfach die schönen Grätzl, die wir schaffen, wo sich Menschen aufhalten können. Das macht einfach super viel aus.“
Und natürlich der Donaukanal, an dem ich sehr gerne spazieren gehe, im Sommer, wenn die Tage wieder wärmer werden.
Vielen Dank Maria Marichici für das spannende Gespräch!
Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen am 27. April: Wählen gehen, Zukunft mitgestalten!