Der Julius-Tandler-Platz wird umgestaltet. Bis Ende 2025 entsteht ein neuer Platz mit mehr Grünflächen, Schatten und Sitzmöglichkeiten. Ziel ist es, den Platz an die Herausforderungen der Klimakrise anzupassen. Gleichzeitig erinnert die Neugestaltung an Julius Tandler – einen Mediziner und Politiker, der in der Zeit des „Roten Wien“ wichtige Reformen im Gesundheits- und Sozialbereich umgesetzt hat.
Knotenpunkt am Alsergrund
Der Julius-Tandler-Platz liegt mitten im 9. Bezirk und ist ein Ort, an dem viele Wege zusammenkommen. Wer mit der Bahn fährt, kennt ihn als Vorplatz des Franz-Josefs-Bahnhofs. Wer mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs ist, kommt ebenfalls öfter hier vorbei. Der Platz ist also ein echter Verkehrsknotenpunkt – nicht nur für Öffis, sondern auch für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Autofahrer*innen.
Doch der Platz kann noch mehr: Er ist auch Einkaufsstraße, Gastromeile und Treffpunkt für viele Menschen. Weil so viele unterschiedliche Gruppen den Platz nutzen, ist es besonders wichtig, dass er gut gestaltet ist. Durch die Folgen des Klimawandels heizt sich der Platz in den Sommermonaten zunehmend auf. Hier braucht es neue, klimafitte Lösungen – und diese werden heuer durch die Umgestaltung des Platzes umgesetzt.
Was sich 2025 am Julius-Tandler-Platz verändert – und warum
Die gute Nachricht: Der Julius-Tandler-Platz wird klimafit gemacht! Bis Ende 2025 entsteht hier ein ganz neuer, grüner Platz. Die Fläche ist rund 8.000 Quadratmeter groß. Davon werden 2.140 Quadratmeter zur Grünfläche – vorher waren es gerade mal 21 Quadratmeter. Es werden 46 neue Bäume gepflanzt, darunter viele große Bäume, die viel Schatten spenden werden.
Dazu kommen Sessel, Bänke, Trinkbrunnen und Wasserspiele. So wird der Platz nicht nur kühler, sondern auch gemütlicher. Ein neuer Zwei-Richtungs-Radweg führt durch die Alserbachstraße, vom Gürtel bis zum Donaukanal. Dadurch wird auch das Radfahren angenehmer.
Das Besondere an der Neugestaltung: Die Menschen im Bezirk durften mitreden. Über 3.500 Ideen wurden bei Workshops, Fragebögen und Veranstaltungen gesammelt. Schüler*innen, Senior*innen und Nachbar*innen aus dem Grätzl konnten sagen, was sie brauchen. So entstand ein Plan, der sich an den Wünschen der Menschen orientiert.
Wer war Julius Tandler?
Der Platz ist nach Julius Tandler benannt. Julius Tandler war Arzt, Anatom und Politiker. Er lebte von 1869 bis 1936 und hatte viele Ideen, wie Menschen gesünder leben können – besonders jene, die nicht so viel Geld hatten. Für ihn war klar: Gesundheit ist nicht nur Sache der Einzelnen, sondern auch eine Aufgabe der Stadt und der Allgemeinheit.

Ab 1919 kandidierte Tandler für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei in unserem 9. Bezirk auf kommunaler Ebene. Bald darauf wurde er Mitglied des Wiener Gemeinderats. Von 1920 bis 1934 war er dort als Stadtrat für Gesundheit, Jugendfürsorge und Soziales tätig.
Rotes Wien und Julius Tandler: Erbauung von Gemeindebauten, Volksbäder, Schulen und Kindergärten
In dieser Zeit entstand das „Rote Wien“. Damit ist ein besonderes Kapitel in der Geschichte Wiens gemeint: Die Stadt wurde damals von der Sozialdemokratie regiert, die viele soziale Projekte auf den Weg brachte – für bessere Bildung, bessere Gesundheit und leistbares Wohnen. In nur 15 Jahren (1919–1934) wurden mehr als 60.000 Wohnungen gebaut – vor allem in rund 380 neuen Gemeindebauten. Viele davon prägen bis heute das Stadtbild – etwa der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder auch die Gemeindebauten bei uns am Alsergrund.

Auch Volksbäder wie das Amalienbad, Sommer- und Kinderfreibäder, neue Parkanlagen und Sportplätze entstanden in dieser Zeit. Schulen wurden gebaut, ebenso wie Kindergärten, Horte und Mutterberatungsstellen. Besonders wichtig war die kostenlose medizinische Versorgung von Kindern und Schwangeren – ein Projekt, das Julius Tandler persönlich vorantrieb.
Tandler war einer der wichtigsten Köpfe dieser Bewegung. Er kämpfte gegen Armut, Tuberkulose und Kindersterblichkeit und sorgte dafür, dass Gesundheitsversorgung für alle zugänglich wurde. Ab 1933 zog er sich krankheitsbedingt zurück. Nach dem Verbot der Sozialdemokratie durch das austrofaschistische Regime unter Engelbert Dollfuß – einer autoritären Regierung, die alle oppositionellen Parteien ausschaltete – floh Tandler ins Ausland. Er arbeitete noch in China und später in der Sowjetunion, wo er Krankenhäuser beraten und das Medizinstudium reformieren sollte. Dort starb er 1936, bevor er diese Projekte beginnen konnte.