Die Wiener Votivkirche im Alsergrund zählt zu den bedeutendsten neogotischen Sakralbauten weltweit. Ihre Entstehung verdankt sie einem dramatischen Ereignis: dem missglückten Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853. Der Votivpark direkt neben der Kirche lockt nicht nur Studierende der Universität Wien, sondern zahlreiche Bewohner:innen der Stadt, um mit Blick auf das architektonische Meisterwerk eine Pause einzulegen.
Das missglückte Attentat auf Kaiser Franz Joseph
Am 18. Februar 1853 unternahm der junge Kaiser einen Spaziergang entlang der Kärntnertor-Bastei, begleitet von seinem Adjutanten Graf Maximilian O’Donnell. Plötzlich griff der 21-jährige ungarische Schneidergeselle János Libényi den Monarchen von hinten mit einem Messer an und verletzte ihn am Hals. Dank des schnellen Eingreifens von O’Donnell und des Fleischhauers Josef Ettenreich konnte der Angreifer überwältigt werden. Franz Joseph überlebte den Anschlag mit einer tiefen Wunde, die jedoch nicht lebensbedrohlich war. Libényi wurde zum Tode verurteilt.

Es ist bist heute nicht ganz geklärt, warum der ungarische Geselle den Kaiser angegriffen hatte. Es gibt Vermutungen, dass er es aus nationalistischen Überzeugungen heraus tat. Heute gilt das Attentat als eines der berühmtesten missglückten Attentate der österreichischen Geschichte.
Der Bruder des Kaisers lässt die Votivkirche aus Dankbarkeit erbauen
Als Ausdruck der Dankbarkeit für die Rettung des Kaisers initiierte dessen Bruder, Erzherzog Ferdinand Maximilian, eine Spendenaktion zum Bau einer Kirche. Diese sollte als Votivgabe – also ein Geschenk als Dank an eine Gottheit oder an Heilige – der Bevölkerung der Monarchie dienen. Rund 300.000 Bürger:innen folgten dem Aufruf und spendeten für das Vorhaben. Ihre Namen wurden daraufhin täglich in der Wiener Zeitung genannt.
Heinrich von Ferstel gewinnt den Architekturwettbewerb
Daraufhin wurde im Jahr 1854 ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben, aus dem der erst 26-jährige Heinrich von Ferstel als Sieger hervorging. Sein Entwurf im Stil der französischen Kathedralgotik überzeugte die Jury. Die Grundsteinlegung erfolgte am 24. April 1856. Zunächst war geplant, die Kirche beim Schloss Belvedere zu erbauen, man entschied sich dann aber doch für eine zentralere Lage und ließ sie in der Alservorstadt bauen. Nach 23-jähriger Bauzeit wurde die Votivkirche am 24. April 1879, dem Tag der Silberhochzeit von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth, feierlich geweiht.
Ursprünglich als „Dom der Völker“ konzipiert, sollte sie allen Nationen der Donaumonarchie eine geistige und politische Heimat bieten. Aufgrund der sich wandelnden politischen Verhältnisse und der zunehmenden Nationalitätenkonflikte konnte dieser Gedanke jedoch nicht vollständig umgesetzt werden.
Die Votivkirche als wichtigstes Bauwerk des europäischen Historismus
Die dreischiffige neugotische Basilika im französischen Kathedralschema zählt zu den bedeutendsten Bauten des europäischen Historismus. Sie stellt den Höhepunkt der historistischen Sakralarchitektur in Wien dar. Die Fassade ist reich verziert mit Skulpturen, Rosetten und biblischen Szenen, während das Innere mit hohen Spitzbogenarkaden, einem prachtvollen Hochaltar und farbenprächtigen Glasfenstern beeindruckt.

Besonders bemerkenswert sind die detailreichen Gewölberippen und die fein gearbeiteten Kapitelle, die die gotische Bauart der Kirche betonen. Der lichtdurchflutete Innenraum schafft eine feierliche Atmosphäre, verstärkt durch die kunstvolle Verglasung, die biblische Motive und Heiligendarstellungen zeigt. Diese meisterhafte Verbindung von Architektur und Symbolik macht die Votivkirche zu einem der bedeutendsten neugotischen Bauwerke Europas.
Die Votivkirche heute: Gotteshaus für viele neben beliebtem Votivpark
Die Votivkirche ist heute nicht nur eine Pfarrkirche für rund 2.700 Katholik:innen, sondern auch ein internationales Gotteshaus. Ursprünglich als Symbol der Donaumonarchie gedacht, spiegelt sie nun die Vielfalt der Gesellschaft wider. Sie wird von der deutsch- und englischsprachigen Gemeinde Wiens genutzt und spielt eine besondere Rolle für die lateinamerikanische Gemeinschaft – ein Seitenaltar ist der Muttergottes von Guadalupe gewidmet. Zudem liegt in ihrer Nähe das Afro-Asiatische Institut, das Studierende aus vielen Ländern beherbergt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Seelsorge für ausländische Besucher:innen, geleitet von Pfarrer Joseph Farrugia, dem Tourismusseelsorger der Erzdiözese Wien.
Neben der Votivkirche befindet sich der Votivpark, der vor allem bei Studierenden sehr beliebt ist. Dort wird abends gemütlich getrunken, Spikeball gespielt und über das Leben philosophiert – mit Blick auf die Votivkirche, einer unter vielen architektonischen Schönheiten am Alsergrund.
Die Aufgaben einer Bezirksvorsteher:in: Verantwortung und Engagement für den Bezirk